Ernährungslehre war in der Bäuerinnenschule nicht gerade mein Spezialgebiet. Gewisse Dinge sind aber schon hängengeblieben. Vor allem das: Eine perfekte Mahlzeit schmeckt nicht nur gut und ist ausgewogen, sie sieht auch gut aus. Ein ansprechendes Menü besteht aus verschiedenen Farben, Geschmäckern und Konsistenzen. Ein Eintopf aus Roten Linsen, Tomatensauce und Kürbisstücken sieht gleich viel ansprechender aus mit einem Klecks Crème fraîche oder etwas Koriander oder Peterli als Garnitur.
In der Abschlussprüfung in Ernährungslehre kam eine Frage vor, die ich nicht auf Anhieb richtig verstand. Wir sollten das auf dem Papier vorgegebene Menü abändern und unsere Vorschläge begründen. «Wurstchrugeli» an einer Weissensauce mit Reis und Blumenkohl. Ich sah Kohlenhydrate, Vitamine, Proteine und wusste nicht, was ich ändern soll. Ich entschied mich dazu die Sauce durch eine Bratensauce zu ersetzen, weil ich diese lieber mag und für etwas weniger mastig halte. Nach der Prüfung bekam ich in der Diskussion meiner Kolleginnen mit, was wohl eigentlich der Grund gewesen wäre. Die Bestandteile der vorgegebenen Mahlzeit waren alle weiss.
Das ist mir damals so eingefahren, dass es sich in mein Hirn einbrannte und jedes Mal, wenn ich «Wurstchrugeli» mache, denke ich daran. Auch letzte Woche. Ich wollte Chrugeli mit Kartoffelstock machen und überlegte mir, was ich als Gemüse dazu servieren könnte. Die Hand war schon fast beim gefrorenen Blumenkohl, als mir siedend heiss die Prüfung in den Sinn kam. Schnell griff ich nach den Erbsen und um noch etwas mehr Farbe hinein zu bringen, grub ich ein paar Randen aus dem Sand. So war das Menü gelb, braun, weiss, grün und rot, mit Brei, grösseren rauen Kugeln, kleineren glatten Kugeln und bissfesten Schnitzen. Das Resultat war bestechend schön und die Jungs waren überglücklich. Sie assen mit Genuss und bedankten sich für das feine Essen.
Nach dem Essen versuchte ich die paar Resten möglichst platzsparend im Kühlschrank zu verstauen. Wider besseres Wissen entschied ich mich dafür die paar Randenstücke zu den Erbsen zu tun und sie am Abend gemeinsam zu wärmen. Am Abend war dann das gesamte Gemüse braun. Unser Essen war gelb, braun, weiss und braun mit Brei, wenig grösseren rauen Kugeln, vielen kleinen glatten Kugeln und einigen weichen Schnitzen. Die Jungs sagten, dass sie bestimmt nichts von den grusigen Erbsen essen würden. Mein Mann rümpfte die Nase und fragte misstrauisch, was das für Kügelchen seien und auch ich begann etwas höher zu kauen. Am Ende war der Kartoffelstock gegessen, die Sauce mit dem Fleisch war weg und das Gemüse war noch da.
Quod erat demonstrandum.
Beim nächsten Mal werde ich die Erbsen bestimmt nicht mit den Randen mischen und wenn ich rote Linsen mit Kürbis und ein paar Karottenstücken koche, dann werde wenigstens beim Anrichten einen Teller mit blauen Streifen verwenden.